Es ist kein Geheimnis für Menschen, die sich online aufhalten, ob in Spielen, sozialen Medien oder anderen der unzähligen virtuellen Treffpunkte: Leute sind nicht immer freundlich zueinander. Und obwohl die große Mehrheit zu anderen normalerweise nicht gemein ist, bedarf es nur ein paar störender Spieler, um für alle anderen eine unbehagliche Atmosphäre zu schaffen.
Fast alle wollen, dass sich das ändert. Wir auch. Und wir arbeiten aktiv an Möglichkeiten, unsere Spiele sicherer und inklusiver zu machen, damit am Ende alle mehr Spaß haben. Es herrscht bei diesem Ziel kein Mangel an Herausforderungen, und sie haben meist keine einfachen Lösungen.
Die Teams von Riot reagieren zwar auf Meldungen und Bestätigungen von störenden Verhaltensweisen, aber wir suchen auch nach längerfristigen Lösungen. Und da kommt das Spielerdynamik-Design ins Spiel. Das Ziel der Spielerdynamik als Designdisziplin besteht darin, Spielstrukturen zu erstellen, die lohnende soziale Erfahrungen fördern und ungute Interaktionen von vornherein vermeiden. Einfach formuliert, die Disziplin will folgende Frage beantworten: „Wie können wir gesunde Online-Communitys fördern und erhalten?“
Dieser Post gibt ein Update zur Entwicklung des Spielerdynamik-Designs seit unserer letzten Beschäftigung damit und seit der offiziellen Einführung der Disziplin bei der GW 2020. Wir wollen dir interne Materialien zeigen, mit denen wir Rioter in das Handwerk einführen, und erklären, wie wir Konzepte der Spielerdynamik in alle Aspekte unserer Arbeit übernehmen.
Hierbei handelt es sich um den ersten Teil einer zweiteiligen Reihe, die das Konzept der Spielerdynamik und seine Beeinflussung des Spielerlebnisses vorstellt. Wir nehmen dieses wichtige Thema nicht auf die leichte Schulter, und deshalb öffnen wir auch den Vorhang und zeigen dir, wie wir versuchen, die Spielerdynamik zu verbessern.
Was ist Spielerdynamik-Design?
In den letzten Jahren haben wir Spielerdynamik intern so erklärt:
Wie Marc Merrill, einer der Gründer von Riot, vor Kurzem ausgeführt hat, ist Spielerdynamik eine „moderne Herangehensweise“ bei der Entwicklung von Online-Spielen und sozialen Umgebungen. Letztlich lautet unser Ziel, das Versprechen unserer Spiele einzuhalten, damit das soziale Erlebnis so lohnend wie möglich ist – und zwar schon im Design angelegt. Auf störende Verhaltensweise einzugehen, ist nicht der Kern von Spielerdynamik – sondern lediglich ein Teil davon.
Wir wissen natürlich, dass dieses störende Verhalten ein großes Problem ist, also reden wir kurz über zwei Konzepte aus der Sozialwissenschaft, die sich als effektiv erwiesen haben, damit Rioter verstehen, wie Spielerdynamik-Designer denken.
Das erste Konzept wird am besten in dem Buch Prosocial zusammengefasst:
„Eine der nachhaltigsten Erkenntnisse in der Sozialpsychologie lautet, dass wir schlechtes Verhalten bei anderen auf persönliche Absichten zurückführen, während es in Wahrheit oft auf situativen Einschränkungen basiert.“
Das zweite Konzept ist die Verhaltensgleichung von Lewin:
Was wie Absicht aussieht, ist also oft situationsabhängig. Um das Verhalten zu ändern, musst du die Umgebung ändern.
Das ist gut für Spieleentwickler, denn wir haben ziemlich großen Einfluss auf Situationen und Umgebungen in unseren Spielen. Designer können viel mehr tun als zunächst vermutet, um soziale Reibung zu vermeiden, die sich später als störendes Verhalten manifestiert. Aus der Spielerdynamik eine Designdisziplin zu machen, hat Designern gezeigt, wie sich diese soziale Reibung vermeiden lässt.
Eines will ich ganz klar sagen: Wir wissen, dass wir nicht jedes störende Verhalten durch Design beseitigen können. Außerdem wissen wir, dass Spieler manchmal absichtlich verletzend sind. Solche Verhaltensweisen dürfen keinen Platz haben. Aus unserer Perspektive nimmt sich jeder, der wiederholt andere verletzt, selbst aus dem Spiel.
Aber wir können durchaus etwas tun, und die Forschung bestätigt das: Wir können die Wahrscheinlichkeit von Störungen verringern, mehr Gelegenheiten für positive Erlebnisse schaffen und bei Spielern und Communitys Widerstandsfähigkeit aufbauen.
Grundlagen der Spielerdynamik
In vielerlei Hinsicht versuchen wir, über 150 Jahre Sozialwissenschaften in Funktionen und Dienste für Spiele und ihre Ökosysteme zu überführen, um bessere Spielerlebnisse zu schaffen. Die Grundlagen der Spielerdynamik sind in der Spieleindustrie schon viele Jahre bekannt. Denken wir an einige Spiele und Arbeiten, die Meilensteine auf diesem Gebiet darstellen:
Natürlich sind einige davon als Multiplayer-Spiele an sich schon bahnbrechend. Einige halten wir für herausragende Pioniere, was die Spielerdynamik angeht. Habitat (1985) gehört definitiv zu den frühesten Vertretern, die sich aktiv mit Verhaltensproblemen beschäftigt haben – und das in einer Zeit, als für das Internet noch minutenweise bezahlt wurde!
Riot war ab 2012 mit dem Spielerverhaltensteam im Thema Spielerdynamik involviert. Wir haben seitdem einiges gelernt, darunter auch, was wir anders machen könnten, wenn wir ein Spiel von Grund auf entwickeln. Offiziell gab es die Spielerdynamik als Design-Unterdisziplin bei uns ab 2018, und präsentiert haben wir sie 2020.
Spielerdynamik erfordert einen Großteil derselben Fähigkeiten wie Spieldesign und UX, aber es werden auch welche benötigt, die dort eher nicht auftauchen:
Der Name „Spielerdynamik“ stammt aus dem etablierten Bereich der Soziodynamik. Manche Unternehmen sagen „Sozialdesign“ dazu, aber wir legen den Schwerpunkt auf „Spieler“, um den verbreiteten Irrglauben zu umgehen, es handele sich nur um den Chat.
Aktueller Stand des Spielerdynamik-Designs
Also, wo stehen wir im Moment?
Mittlerweile gehört die Arbeit an der Spielerdynamik in vielen Bereichen des Unternehmens zum Alltag. Von Spielen in der Anfangsphase (z. B. Projekt L) über Spezialteams bei Live-Produkten (League, VAL, Wild Rift) bis zum Team für zentrale Spielerdynamik und neuen Initiativen für Fans auf der Plattform – unsere Community zu diesem Thema wächst.
Organisiert ist das Ganze mehr oder weniger als Speichennetz, bei dem sich unsere zentralisierte Gruppe von SMEs auf der Plattform mit Teams in anderen Bereichen von Riot koordiniert. Jedes davon arbeitet an unterschiedlichen Herausforderungen in verschiedenen Phasen der Entwicklung. Jedes erstattet individuell Bericht über die Funktionen und Dienste, die es entwickelt, wenn es bereit zur Präsentation ist.
Wo wir gerade von Entwicklungsphasen sprechen – so haben wir die Spielerdynamik im Lebenszyklus eines Spiels gezeigt:
Bei der Erstellung von Prototypen, in der Produktionsvorbereitung und später in der Produktion kann zur Arbeit an der Spielerdynamik alles gehören, von den Spielmechaniken über das Leveldesign bis hin zu den Erzählstrategien. Je fortgeschrittener die Entwicklung ist, desto mehr verlegt sich die Arbeit auf das Metaspiel und die Kommunikationssysteme. Störendes Verhalten tritt natürlicherweise am häufigsten beim Spielen selbst auf, darum werden Risikoregister und Deeskalation zu zentralen Themen, je näher wir der Alpha kommen. Nach der Veröffentlichung werden Änderungen tendenziell subtiler oder dienen der Erweiterung bestehender Systeme.
Derzeit haben wir Designer in allen oben angeführten Bereichen, und es gibt noch mehr, wie die Plattform, die das gesamte soziale Ökosystem berücksichtigt. Etliche dieser Mitarbeiter kümmern sich ausschließlich um Spielerdynamik-Design, und einige tragen sogar den Titel „Spielerdynamik-Designer“. Sie entwerfen unter anderem Funktionen und Dienste, beraten die einzelnen Teams und entwickeln Rahmenbedingungen, Tools und Schulungsmaterialien.
Hier sind einige Screenshots von einem internen Crashkurs, den wir „Spielerdynamik 101“ nennen:
Diese Materialien sind hilfreich, um das Denken in Sachen Spielerdynamik zu schulen. Wir wollen, dass jeder Rioter über genügend Spielerdynamik-Tools und -Wissen verfügt, um unabhängig von seiner Aufgabe gute Entscheidungen auf dem Gebiet der Soziodynamik treffen zu können.
Und wir wollen, dass auch du entsprechend vorbereitet bist.
Jeder kann mit einer simplen Formulierung beginnen, den Grundansatz der Spielerdynamik in seine Arbeit und sein Leben zu integrieren: Sei nach allen Seiten offen. Unser nächster Blog beschäftigt sich mit der Sprache von Spielerdynamik-Designern, und wie sie uns dabei hilft, ein gesünderes soziales Umfeld zu schaffen.
Weszt “Vonburgermeister” Hart
Head of Player Dynamics
Weszt ist auf Player Dynamics Design spezialisiert, eine noch junge Disziplin, die gesundes Online-Verhalten fördert und sozialfreundliche Spiele und Umgebungen entwirft. Seine Aufgabe lautet, die Kompetenz von Riot Games darin zu verbessern, indem er ein unternehmensweites Kollektiv von Teams und Designern leitet, die für Offenheit nach allen Seiten eintreten und richtungsweisende Lösungen entwickeln.
Er ist ein leitendes Mitglied des Führungskomitees Fair Play Alliance, hält regelmäßig Vorträge auf Konferenzen und war früher ein Indie-Musiker mit Plattenvertrag, dessen Rockmusik du unter seinem Vornamen auf den meisten Plattformen findest.